Ich habe großes Verständnis für alle introvertierten Menschen. Ich bin selbst introvertiert. Wie viele Hochsensible brauche ich viel Rückzug, viel Ruhe, viel Einsamkeit.
Habe ich die Wahl zwischen einer rauschenden Party und einem guten Buch, werde ich mich in der Regel für das Buch entscheiden.
Aber wenn mich jemand anderes dazu überredet, mit auf die Party zu gehen, dann bin ich nachher sehr dankbar dafür. Natürlich brauche ich Erholungszeit, klar. Aber was ich an Erlebnissen, Eindrücken und Begegnungen auf der Party machen kann, davon zehre ich lange Zeit.
Introvertiert leben ist eben, wie so vieles, eine Frage der Dosierung.
Totaler Rückzug, so verführerisch er auch sein mag (gerade bei diesem Schmuddelwetter) – er macht mich nicht glücklich. Glücklich macht mich im Endeffekt der Austausch mit anderen. Kein Mensch ist eine Insel, auch nicht der introvertierte. Wir brauchen viel Zeit und Raum, um unsere reiche Innenwelt zu erleben, unseren komplexen Gedankengängen nachzugehen und nicht zuletzt, um dicke Bücher zu lesen.
Aber nichts davon ersetzt die BEGEGNUNG mit einem anderen Menschen.
Mensch kann sich das Mitmenschsein schleichend abgewöhnen, ohne es zu merken und dann in der Einsamkeit stranden. Es mag eine Weile dauern, aber irgendwann ist die Einsamkeit nicht mehr gemütlich. Nun gilt es sie genauso schleichend zu verlassen, wie Du hineingerutscht bist.
Kleine Schritte auf andere zu gehen.
Das Haus häufiger verlassen. Gespräche beginnen oder zumindest nicht verweigern. Wie ein Einsiedlerkrebs darauf achten, dass Du Dich immer wieder zurückziehen kannst, gerne auch mit der Erklärung, Du seist eben introvertiert, und bräuchtest das.
Und ja, im Grunde haben wir unser Schneckenhaus immer dabei.
Unsere Kopfhörer, unser Handy, unsere Musik… sei erfinderisch. Das Buch, das Deine Lieblingswelt enthält, als E-Book immer dabei. Dein persönlicher Wohlfühlduft. Eine Postkarte in der Brieftasche, die Dich mit ihrem Bild (oder Text) sofort beruhigt.
Sei NETT zu Dir, überfordere Dich nicht. Jedoch UNTERFORDERE Dich auch nicht!
Mein Herz fliegt jedem introvertierten Kind im Baumhaus zu, jedem jungen Menschen mit Kopfhörer in der vollen U-Bahn, jedem Erwachsenen, der allein am Meer Urlaub macht. Ich verstehe Dich. (Und wäre gerade auch gerne da. Hier ist Schmuddelwetter!)
Aber bitte, zieh Dich nicht so weit zurück, dass Dir der Weg in die Welt abhandenkommt.
Du würdest uns allen sehr fehlen, glaub mir!
Herzlichst, wo immer Du gerade bist,
P.S.: Mir einen Kommentar zu schreiben gilt übrigens als kleiner Schritt in die Welt…. ;-)
Dem Artikel stimme ich so nicht zu, denn ich fühle mich als introvertierter Mensch auf Partys nicht wohl, weder währenddessen noch danach, sondern ärgere mich über verlorene Zeit in Unbehaglichkeit und oberflächlichen Gesprächen. Ich vermute Sie sind nicht wirklich introvertiert, sondern haben eher Angst und/oder Muße und brauchen einen Antrieb von außen. Ein stimmiger Introvert weiß immer, was er will, entscheidet sich für Ruhe sofern er das kann und es geht ihm gut damit.
Hallo Anna,
schön von Dir zu lesen!
Bei Dir ist das also anders als bei mir, gut. Natürlich sind wir alle individuell unterschiedlich. (Und über Deine Ängste oder Persönlichkeitsmerkamle weiß ich so wenig, wie Du über meine. Also lassen wir das.)
Aber es kommt auch auf die Party an (das kann ja von 5 Menschen in einem Wohnzimmer bis zu 20000 Menschen in einem Stadion reichen…) und auf die Menschen mit denen man dort sich umgibt. Zu einer Party, wo Menschen sind, mit denen mich nichts verbindet, die Smalltalk erwarten und oberflächlich sind, werde ich nicht gehen. Zur Party von Freunden, schon, und dort erlebe ich das anders als Du es beschrieben hast. Gute Gespräche, keine Oberflächlichkeiten. Natürlich bin ich danach trotzdem erschöpft und brauche regenerative Zeit!
Ich gebe Dir recht und erweitere noch: Du sagst „ein stimmiger Introvert weiß immer, was er will, (…) und es geht ihm gut damit“ – das gilt genauso auch für alle anderen Menschen, unabhängig von Intro- oder Extraversion! Daher werde ich nicht müde zu betonen, wie wichtig es ist, sich selbst gut zu kennen. Für alle Menschen.
Herzlichst,
Johanna
Immer wenn ich in die Welt gehe komme ich mit neuen Verletzungen daraus zurück die mir meine Introvertiertheit zerstörten denn ich brauche alle Zeit damit diese Wunden wieder heilen. Zum Ich-Sein ist keine Kraft mehr vorhanden. Überleben ist angesagt ..mehr geht leider nicht mehr. Total Kontraproduktiv aber leider bietet die Gesellschaft keine andere Lösung für mein Problem. Mir fällt jedenfalls nix ein um einen Tag nach dem anderen zu versuchen wieder heil zu werden alleine. Und dadurch auch einsam…wird hoffentlich irgendwann mal klappen
Hallo Birgit,
das hört sich nicht gut an… ich möchte Dir sehr ans Herz legen, Dir Unterstützung zu suchen.
Gleichgesinnte, Menschen mit ähnlichen Interessen und Unterstützer, gerne auch professionelle … Vielleicht hast Du auch eine Ärztin die Dir weiterhelfen kann mit Empfehlungen, einer Kur, Überweisungen?
Ich bin überzeugt davon, dass auch introvertierte Menschen in dieser Welt glücklich leben können – sie müssen manchmal lernen, wie, und sich passende Begleitung suchen, aber es ist möglich!
Ich wünsche Dir Kraft und Erfolg auf Deinem Weg zu mehr Energie und Zufriedenheit,
herzlichst,
Johanna