Komm, setz Dich ans Feuer, mein Herz. Komm zu mir, ich möchte Dir was erzählen. Schüttle Deine Beine aus, such Dir einen bequemen Platz neben mir, hier hast Du eine schöne Tasse heißen Tee. Wenn Du mehr möchtest kannst Du Anna oder Peer fragen, die sind heute mit Tee dran. Und jetzt hör zu:
Seit Urzeiten treffen wir uns im Kreis ums Feuer.
Wir tun es um zu essen, zu trinken, uns zu wärmen. Aber wir tun es auch, um uns auszutauschen. Wir erzählen uns unsere Tage, unserer Erlebnisse und Abenteuer. Wir teilen unsere Trauer und unsere Freude am Feuer. Wir beginnen Freundschaften und beenden Fehden am Feuer. Wir erzählen unseren Kindern die wirklich wichtigen Geschichten, und wir erzählen sie einander, wenn einer von uns sie vergessen zu haben scheint. Wir fangen einander auf am Feuer, spenden uns Trost und sagen doch immer wieder furchtlos die Wahrheit – in welcher Form auch immer sie sich uns gerade präsentiert.
Nun fragst Du mich zurecht: aber wann und wo habe ich verheiratete und arbeitende Mutter zweier Kinder mit Eigentumswohnung in der Vorstadt die Gelegenheit mich ans Feuer zu setzen? Und mit wem?
Du hast recht, heute ist unser Leben weit vom Feuer entfernt.
Das Kochen besorgt ein Lieferservice oder es geschieht auf dem Induktionsherd, die Heizung läuft mit Gas oder Holzpellets oder Fernwärme. Die wenigsten von uns haben einen Kamin und nur die Verwegensten von uns haben eine Feuerschale im Garten. Und selbst diese Feuerschale steht fast nie im Zentrum der versammelten Gäste, sondern eher am Rand, „um der Atmosphäre willen“.
Wir haben die Angst vor der zerstörerischen Kraft des Feuers größer werden lassen als die Achtung und Dankbarkeit für seine Geschenke. Die Kinder lernen früher die Bedienung eines Feuerlöscher und die Telefonnummer der Feuerwehr als das entfachen eines Feuers. Wenn sie Glück haben, und ein bisschen auf dem Land wohnen, dann kennen sie Osterfeuer oder Martinsfeuer oder sogar Sonnwendfeuer – große, mächtige Feuer, beeindruckend und magisch, aber keine Feuer, um die man sich setzt und in Ruhe erzählt.
Nur wenige von uns haben sich das wache Bedürfnis erhalten, sich um ein Feuer zu versammeln.
Es gibt sie, die Pfadfindergruppen, die Campingreisenden, die Festivals, die Mittelaltermärkte und Lager – aber in der alltäglichen Normalität sitzen wir nicht mehr in Kreis ums Feuer. Weder mit der Familie noch mit den Freunden. Wir teilen nicht mehr die Freude an Geschichten miteinander, sondern lesen allein auf dem e-reader oder hören, abgeschottet mit unseren Kopfhörern, ein Hörbuch oder ein Podcast. Wir lauschen nicht mehr ganz selbstverständlich den Problemen und Lösungen der anderen und lernen so nebenher für unsere Zukunft, sondern wir versuchen alles alleine durchzustehen, bis es nicht mehr geht und die Reha-Klinik ruft. Dort dürfen wir Erfahrungen machen, die dem Kreis am Feuer ähneln. Aber es sind Kreise in denen die Kranken in der Mehrzahl sind, zu wenig durchmischt, um für alle heilsam zu sein.
Die besonderen Begebenheiten, die Selbstfindungsseminare, die Abenteuerurlaube mit begleitendem Schamanen, die Kur in der Klinik umgeben von ähnlich gebeutelten Menschen … Das sind die wenigen Inseln in unserem normalen Leben, in denen ein Echo vom Kreis ums Feuer noch lebt.
Was für eine Verschwendung!
Das große Potenzial, dass einem gewöhnlichen, regelmäßig stattfindenden Kreis ums Feuer innewohnt, würde die Selbstfindungsseminare, Abenteuerurlaube und sicher auch die eine oder andere Kur überflüssig machen. Was wäre, wenn wir uns regelmäßig mit anderen austauschen würden, älteren und erfahreneren Rednern in Ruhe und offen zuhörten, unsere Trauer mit unserem wohlwollenden Kreis teilten, wie unsere Freude auch…? Ja, was wäre, wenn wir regelmäßig, vielleicht jede Woche, mit den ganz Alten und den ganz Jungen gemeinsam lachen, weinen, spielen, tanzen und lauschen würden? Wie würde das wohl unser Leben verändern?
Zu allen Zeiten hat es Versuche gegeben, diese Erfahrung weiter zu ermöglichen. In verschiedenen Kulturen auf verschiedene Art und Weise, bei uns möchte ich an die Selbsthilfegruppen und Gesprächskreise vergangener Jahre erinnern, an die vielen Vereinstreffen, Stammtische und an die Frauenkreise, die hier und da mal wieder entstehen. Natürlich gibt es die immer wieder, und natürlich ist gegen ein mittelalterliches Lager oder ein Jamboree der Pfadfinder schwer etwas zu sagen. Was mich hieran stört ist die Außergewöhnlichkeit. Dadurch wird alles so extrem: stundenlanges Gelage, intensive Gespräche, extra ordinäre Erfahrungen.
Zu viel des Guten kann wundervoll sein, das sehe ich wie Mae West, aber ich möchte dem Kreis ums Feuer seine Normalität zurückgeben. Seine Alltäglichkeit.
Also, wenn Du wieder zurückkehrst in Dein Leben, überlege Dir doch einmal, mit wem Du gerne im Kreis ums Feuer setzen möchtest: mit Deiner ganzen Groß-Familie? Mit allen oder nur Deinen engsten Freunden? Mit Deinen engsten Freundinnen? Mit den Menschen die Dein liebstes Hobby mit Dir teilen? Mit einem handverlesenen Kreis oder einem bunt gemischten?
Und dann überleg Dir doch ein paar Varianten zum Thema „Kreis ums Feuer“: alle zwei Wochen Potluck mit der Großfamilie, gemeinsames Kochen mit der Abteilung, wöchentliches Stricktreffen mit den Freundinnen, Lagerfeuer im Garten mit allen Freunden… Es gibt so viele Möglichkeiten. Das wichtigste dabei ist, einander zuzuhören und sich offen auszutauschen. Und natürlich so viel zu lachen, wie es nur geht! (Miteinander natürlich, nicht übereinander…)
Genau deshalb möchte ich Dich jetzt bitten mir das Lustigste zu erzählen, was Dir diese Woche passiert ist! Überleg ruhig einen Moment, ich bin gleich wieder da. Anna, Peer, habt ihr noch Tee für uns…?
P.S.: Lust auf einen Kreis mit lauter interessanten Frauen?
P.P.S.: Sag mir, wer sitzt mit Dir am Feuer, wenn Du brennst?
Komm, setz Dich ans Feuer, mein Herz. Komm zu mir, ich möchte Dir was erzählen. Schüttle Deine Beine aus, such Dir einen bequemen Platz neben mir, hier hast Du eine schöne Tasse heißen Tee. Wenn Du mehr möchtest kannst Du Anna oder Peer fragen, die sind heute mit Tee dran. Und jetzt hör zu:
Seit Urzeiten treffen wir uns im Kreis ums Feuer.
Wir tun es um zu essen, zu trinken, uns zu wärmen. Aber wir tun es auch, um uns auszutauschen. Wir erzählen uns unsere Tage, unserer Erlebnisse und Abenteuer. Wir teilen unsere Trauer und unsere Freude am Feuer. Wir beginnen Freundschaften und beenden Fehden am Feuer. Wir erzählen unseren Kindern die wirklich wichtigen Geschichten, und wir erzählen sie einander, wenn einer von uns sie vergessen zu haben scheint. Wir fangen einander auf am Feuer, spenden uns Trost und sagen doch immer wieder furchtlos die Wahrheit – in welcher Form auch immer sie sich uns gerade präsentiert.
Nun fragst Du mich zurecht: aber wann und wo habe ich verheiratete und arbeitende Mutter zweier Kinder mit Eigentumswohnung in der Vorstadt die Gelegenheit mich ans Feuer zu setzen? Und mit wem?
Du hast recht, heute ist unser Leben weit vom Feuer entfernt.
Das Kochen besorgt ein Lieferservice oder es geschieht auf dem Induktionsherd, die Heizung läuft mit Gas oder Holzpellets oder Fernwärme. Die wenigsten von uns haben einen Kamin und nur die Verwegensten von uns haben eine Feuerschale im Garten. Und selbst diese Feuerschale steht fast nie im Zentrum der versammelten Gäste, sondern eher am Rand, „um der Atmosphäre willen“.
Wir haben die Angst vor der zerstörerischen Kraft des Feuers größer werden lassen als die Achtung und Dankbarkeit für seine Geschenke. Die Kinder lernen früher die Bedienung eines Feuerlöscher und die Telefonnummer der Feuerwehr als das entfachen eines Feuers. Wenn sie Glück haben, und ein bisschen auf dem Land wohnen, dann kennen sie Osterfeuer oder Martinsfeuer oder sogar Sonnwendfeuer – große, mächtige Feuer, beeindruckend und magisch, aber keine Feuer, um die man sich setzt und in Ruhe erzählt.
Nur wenige von uns haben sich das wache Bedürfnis erhalten, sich um ein Feuer zu versammeln.
Es gibt sie, die Pfadfindergruppen, die Campingreisenden, die Festivals, die Mittelaltermärkte und Lager – aber in der alltäglichen Normalität sitzen wir nicht mehr in Kreis ums Feuer. Weder mit der Familie noch mit den Freunden. Wir teilen nicht mehr die Freude an Geschichten miteinander, sondern lesen allein auf dem e-reader oder hören, abgeschottet mit unseren Kopfhörern, ein Hörbuch oder ein Podcast. Wir lauschen nicht mehr ganz selbstverständlich den Problemen und Lösungen der anderen und lernen so nebenher für unsere Zukunft, sondern wir versuchen alles alleine durchzustehen, bis es nicht mehr geht und die Reha-Klinik ruft. Dort dürfen wir Erfahrungen machen, die dem Kreis am Feuer ähneln. Aber es sind Kreise in denen die Kranken in der Mehrzahl sind, zu wenig durchmischt, um für alle heilsam zu sein.
Die besonderen Begebenheiten, die Selbstfindungsseminare, die Abenteuerurlaube mit begleitendem Schamanen, die Kur in der Klinik umgeben von ähnlich gebeutelten Menschen … Das sind die wenigen Inseln in unserem normalen Leben, in denen ein Echo vom Kreis ums Feuer noch lebt.
Was für eine Verschwendung!
Das große Potenzial, dass einem gewöhnlichen, regelmäßig stattfindenden Kreis ums Feuer innewohnt, würde die Selbstfindungsseminare, Abenteuerurlaube und sicher auch die eine oder andere Kur überflüssig machen. Was wäre, wenn wir uns regelmäßig mit anderen austauschen würden, älteren und erfahreneren Rednern in Ruhe und offen zuhörten, unsere Trauer mit unserem wohlwollenden Kreis teilten, wie unsere Freude auch…? Ja, was wäre, wenn wir regelmäßig, vielleicht jede Woche, mit den ganz Alten und den ganz Jungen gemeinsam lachen, weinen, spielen, tanzen und lauschen würden? Wie würde das wohl unser Leben verändern?
Zu allen Zeiten hat es Versuche gegeben, diese Erfahrung weiter zu ermöglichen. In verschiedenen Kulturen auf verschiedene Art und Weise, bei uns möchte ich an die Selbsthilfegruppen und Gesprächskreise vergangener Jahre erinnern, an die vielen Vereinstreffen, Stammtische und an die Frauenkreise, die hier und da mal wieder entstehen. Natürlich gibt es die immer wieder, und natürlich ist gegen ein mittelalterliches Lager oder ein Jamboree der Pfadfinder schwer etwas zu sagen. Was mich hieran stört ist die Außergewöhnlichkeit. Dadurch wird alles so extrem: stundenlanges Gelage, intensive Gespräche, extra ordinäre Erfahrungen.
Zu viel des Guten kann wundervoll sein, das sehe ich wie Mae West, aber ich möchte dem Kreis ums Feuer seine Normalität zurückgeben. Seine Alltäglichkeit.
Also, wenn Du wieder zurückkehrst in Dein Leben, überlege Dir doch einmal, mit wem Du gerne im Kreis ums Feuer setzen möchtest: mit Deiner ganzen Groß-Familie? Mit allen oder nur Deinen engsten Freunden? Mit Deinen engsten Freundinnen? Mit den Menschen die Dein liebstes Hobby mit Dir teilen? Mit einem handverlesenen Kreis oder einem bunt gemischten?
Und dann überleg Dir doch ein paar Varianten zum Thema „Kreis ums Feuer“: alle zwei Wochen Potluck mit der Großfamilie, gemeinsames Kochen mit der Abteilung, wöchentliches Stricktreffen mit den Freundinnen, Lagerfeuer im Garten mit allen Freunden… Es gibt so viele Möglichkeiten. Das wichtigste dabei ist, einander zuzuhören und sich offen auszutauschen. Und natürlich so viel zu lachen, wie es nur geht! (Miteinander natürlich, nicht übereinander…)
Genau deshalb möchte ich Dich jetzt bitten mir das Lustigste zu erzählen, was Dir diese Woche passiert ist! Überleg ruhig einen Moment, ich bin gleich wieder da. Anna, Peer, habt ihr noch Tee für uns…?
P.S.: Lust auf einen Kreis mit lauter interessanten Frauen?
P.P.S.: Sag mir, wer sitzt mit Dir am Feuer, wenn Du brennst?