Hochbegabung

Höchstbegabte, Hochbegabte, Vielbegabte … worum geht´s!?

Höchstbegabung? (Zeichnung einer Glockenkurve mit einer Lupe am rechten Ende, wo Höchstbegabte zu verorten sind. Daneben ein Fragezeichen.) ©Johanna Ringe 2023 www.dein-buntes-leben.de

Die wissenschaftliche Annahme ist, dass die Verteilung der Intelligenz in der Bevölkerung der Gaußschen Normalverteilung entspricht. (Manche Forscher scheinen das nun anzuzweifeln, beobachten Häufungen an unerwarteten Stellen, aber für uns soll das nun heute noch einmal genügen.) Selbst wenn bei Testungen „harte“ Zahlen genannt werden, so ist es doch ein Ineinanderübergehen der verschiedenen Stufen. Und auch die Ausprägungen der verschiedenen Aspekte von Begabung sind individuell unterschiedlich. Fest steht:

Intelligenz ist eins von zahllosen Persönlichkeitsmerkmalen.

Das heißt im Klartext: es gibt schlaue Armleuchter und eher weniger schlaue Armleuchter, es gibt unterdurchschnittlich intelligente herzensgute Menschen und auch weit überdurchschnittlich intelligente herzensgute Menschen. Leider aber auch die bösen Menschen aller Varianten… bei den Nürnberger Prozessen konnte man das feststellen. Und auch gegenwärtige Despoten scheinen überdurchschnittlich intelligent zu sein, was mich immer etwas peinlich berührt. Aber lassen wir die Bosheit hinter uns und widmen uns einem anderen menschlichen Zug:

Die Sehnsucht nach einem Rudel ist übermächtig im Menschen.

Diese Sehnsucht beeinflusst unsere Entscheidungen von Kindheit an. Welche Hose wir tragen, welcher Ranzen, welcher Füller gekauft wird… und später, welcher Alkohol getrunken oder welche Ernährungsvariante gewählt wird: wir wollen dazu gehören. Und das ist nicht nur die jugendliche Suche nach Zugehörigkeit. Wir Menschen sind nicht überlebensfähig, ganz allein in der weiten Ödnis, oder zumindest steigt unsere Lebenserwartung in der Gruppe, unabhängig davon, ob wir unterdurchschnittlich begabt/ normalbegabt/ hochbegabt/ höchstbegabt /… sind. Ein anderes Phänomen:

Die Angst, von einer Gruppe ausgegrenzt zu werden. Nicht dazu gehören zu dürfen triggert uns alle.

Jeder Mensch in einem gesunden Umfeld und einer gesunden Lebenssituation hat seine Gruppen und eben auch seine Antipathien. Eine überschaubare Bezugsgruppe braucht Grenzen, und die werden mehr oder minder willkürlich gezogen. Ob es der Verein, der Job, die Gemeinde oder der Sport ist, Menschen suchen sich diese Sicherheit. Alle Menschen, auch hochbegabte und höchstbegabte.
Problematisch wird es, wenn gewisse andere Merkmale dem entgegenstehen:

Höchstbegabte (und auch viele Hochbegabte) haben wenig übrig für Hierarchien oder willkürliche Grenzen.

Sie sehen oft bereits als Kinder die eigentlichen Beweggründe ihrer Mitmenschen, und können sie oft nicht nachvollziehen. „Dieses Kind mobbt jenes Kind, weil es einen anderen Ranzen hat? Aber das ist unsinnig. Meine Eltern wollen nicht, dass ich mit meinem Freund spiele, weil seine Mutter wenig Geld verdient und sein Vater nicht bei ihnen lebt? Aber was hat das denn mit uns und unserer Freundschaft zu tun? Ich finde den Onkel unangenehm, soll ihm aber die Hand geben?“ Aber immer wieder wird ihnen erklärt, dass das alles schon so richtig sei. Also die Schlussfolgerung: „Ich sehe das nicht. Alle anderen schon. Also stimmt mit mir etwas nicht.“

Schon als Kind fällt ein weit überdurchschnittlich begabter Mensch allzu leicht aus dem sozialen Geflecht.

Und damit beginnt eine große Einsamkeit, die nur durch die Begegnung mit ähnlich strukturierten Menschen zu lindern ist. Anders formuliert: es fehlt das Rudel. Das Rudel, dessen Sicherheit uns endlich mal entspannen lässt. Das Rudel, dem es nicht um Hierarchien, sondern um gemeinsame Gedanken geht. Das Rudel, in dem Körperlichkeit und Kontostand nicht so sehr interessieren, wie ein gemeinsames Interesse. Das Rudel, in dem es akzeptiert wird, dass man nur sehr selten den gängigen Humor versteht. Oder Menschenmengen meidet. Oder schnell von Eindrücken überwältigt wird. Oder eine sensorische Überstimulation bereits in einem „normalen“, also am häufigsten existierenden, Umfeld erleidet, z.B. einem Restaurant. Oder bei Hungergefühlen sofort etwas essen muss. Oder irgendeine der vielen anderen Varianten, die zu einer Höchstbegabung dazugehören können. Nicht zwingend müssen.

Höchstbegabung ist nicht gleich Höchstbegabung.

Und Hoch- oder Höchstbegabung gibt es mit und auch ohne eine Einordnung ins Autismus Spektrum. Es gibt Mathematikerinnen und Schauspieler, IT-lerinnen und Kindergärtner… Es gibt auch extrem soziale, musisch begabte und hochdiplomatische Höchstbegabte. Es gibt Höchstbegabte mit Dyskalkulie oder Legasthenie, die daher in der Schule massive Schwierigkeiten haben, oder einfach bildungsfern aufgewachsen sind. Keinen höheren Schulabschluss zu haben ist keine Seltenheit. Aber auch nicht die Norm.

Dennoch scheint es gewisse Gemeinsamkeiten unter den Höchstbegabten zu geben.

Eine Leichtigkeit im Einnehmen eines objektiveren Standpunktes. Überhaupt: Perspektivwechsel. Ständige Präsenz einer Metaebene im Denken. Bewusstheit der eigenen Bewusstheit der eigenen Bewusstheit. Verbreitet ist auch die feine Wahrnehmung, das „Lesen“ anderer Menschen. Mustererkennung. Die Fähigkeit, schnell das große Ganze zu erkennen, gepaart mit der Fähigkeit, sofort Grenzfälle zu erkennen – fieses Hindernis in jedem Schul- und Intelligenztest. Ein tiefes Misstrauen gegen einfache Lösungen und die Ablehnung von vorgegebenen Gedankengebäuden. Selbst durchdenken und eigene Strukturen und Systematiken zu entwickeln ist dem höchstbegabten Menschen notwendig.

Es tut so gut, das mit anderen zu teilen. Gemeinsamkeiten zu haben. Einander mindestens ansatzweise zu verstehen.

Wer bereits als Kind das Pech hatte, niemals dem einen anderen höchstbegabten unter den 2000 Schüler*innen der eigenen Schule zu begegnen, oder mit diesem einfach nicht zurecht zu kommen (Stichworte: nur eins von vielen Persönlichkeitsmerkmalen; 3 oder 4 oder mehr Standardabweichungen? 1:1000 oder 1:10.000 oder…?), wird skeptisch durchs Leben gehen, und sich eher verstecken. Seltenheit und dazu noch zu viele schlechte Erfahrungen machen die Rudelbildung bei Höchstbegabten umso schwieriger.

Deshalb meine Einladung zum Austausch unter Ähnlichen.

Finden oder Erschaffen wir einen Raum für Höchstbegabte, die auf der Suche nach Austausch sind. Es gibt verschiedene Vereinigungen für Menschen mit einem IQ der im obersten Prozentrang liegt: es gibt Intertel (mind. 99%), es gibt die Triple Nine Society (mind. 99,9%). Beide sind auch in Deutschland vertreten, mehr oder weniger aktiv. Auch bei Mensa bzw. MinD (Mensa in Deutschland) (mind. 98%), gibt es Höchstbegabte, und zwar deutlich mehr als in den meisten durchschnittlichen Vereinen. ;-) Eine Kontaktaufnahme lohnt sich in jedem Fall.
Und wenn Du es bunt, vielbegabt, kreativ und generell hier bei mir magst, melde Dich einfach per E-Mail bei mir. Wenn genug Leute zusammenkommen, dann machen wir mal ein Zoom oder ähnliches. Wer weiß, was daraus noch werden kann…

Herzlichst, wo immer Du gerade bist,

Unterschrift Johanna (c) Johanna Ringe 2014 ff. www.dein-buntes-leben.de