Bevor ich zum Thema Selbstwert komme möchte ich Dir eine Frage stellen: hast Du auch ein gespaltenes Verhältnis zu Geld?
Einerseits ist klar, daß man wirklich Wesentliches wie Liebe, Gesundheit und Glück nicht für Geld kaufen kann, andererseits ist es verflixt wichtig, um die Grundbedürfnisse unseres Lebens zu befriedigen: Nahrung, Sicherheit, Wärme… wir brauchen Geld.
Also müssen wir welches bekommen, entweder als Gehalt, als Erbschaft, als Lottogewinn, als Geschenk… oder als Honorar für unsere Arbeit als Selbständige oder Freiberufler. Wir müssen für unsere Dienste oder Produkte unseren Kunden Rechnungen stellen. Oft ist vorgegeben, wieviel: es gibt Vereinbarungen für viele Berufsstände.
Aber wie berechnest Du Dein Gehalt, wenn Du einen Beruf hast, in dem es keine Vorgabe von Aussen gibt?
Nehmen wir mal an, Du verkaufst Bilder, oder Fresken, die Du den Kunden direkt in ihre Wohnung malst. Oder Du bietest Deine Unterstützung als Coach an. In jedem Fall musst Du einen Businessplan machen, aus dem auch Deine Honorarkalkulation hervorgeht, die unter anderem Deinen Zeit- und Materialaufwand sowie Deine laufenden Kosten berücksichtigt. (Bis hierher sollte Dir das alles unbedingt bekannt vorkommen…sonst empfehle ich Dir dringend ein Businesscoaching!)
Unter Umständen steht am Ende Deiner Kalkulationen ein Stundensatz, den Du einerseits gut begründen kannst, der innerhalb des üblichen Rahmens Deiner Zunft liegt, der sich für Dich persönlich andererseits aber viel zu hoch anfühlt.
(Hier schleicht sich das Thema Selbstwert ein…) Dann gehen Dir Gedanken durch den Kopf wie:
- Das zahlt doch nie jemand.
- Soviel ist diese Arbeit doch gar nicht wert.
- Was ich da mache, das ist doch nicht olympisch/ nicht perfekt/ lange nicht das Bestmögliche/ gar nichts besonderes/ kein Luxusprodukt etc. etc. etc.
- Ich bin doch blutiger Anfänger.
- Man könnte noch viel umfassender qualifiziert sein, als ich es bin.
Und Du begehst daraufhin einen bösen Fehler, indem Du Deine Arbeit zu Schleuderpreisen anbietest, die die Kunden misstrauisch machen: sie denken, Deine Arbeit sei nichts wert, Du könntest nichts, hättest keine Ahnung und wohl auch keine besonders gute Ausbildung. (Denn auch die Ausbildungskosten sind einer der Posten im Businessplan, s.o.) Denn Deine Kunden haben verinnerlicht:
„Was nichts kostet, ist nichts wert.“
Autsch. Ja, das tut weh. Als blutige Anfängerin im harten Leben des fahrenden Volkes auf Mittelaltermärkten musste ich mir vom Veranstalter anhören: „Wenn Du nicht säckeweise Hutgeld vom Publikum bekommst, warum sollte ich Dir dann eine Gage zahlen, hm?“ Das hat mich tief getroffen, sicher, aber es war genau, was ich lernen musste: die Besucher drücken den Wert, den sie Deiner Arbeit beimessen, in klingender Münze aus. Letzten Endes war für mich als Märchenfrau doch die Gage vom Veranstalter die bessere Lösung. Schliesslich trug meine Arbeit und meine Präsenz zur Atmosphäre des Marktes bei, rechtfertigte also die Eintrittspreise.
Solche Irrwege gehst Du, wenn Du an Deinem Selbstwert zweifelst.
Also wenn Du kein gesundes Selbstwertgefühl hast. Denn Dein Selbstwert steht in direktem Zusammenhang mit Deinem Marktwert. Schau nochmal oben die Gedanken an: klassische Beispiele für die üblichen Probleme der späterkannten Hoch- und Vielbegabten. Hier ein paar Richtigstellungen:
- Da es Dir nicht schwergefallen ist, Dich in das Thema einzuarbeiten, kann es nichts besonderes sein, oder Du nicht aussergewöhnlich gut. Fehlschluss: Du bist, trotz der relativen Leichtigkeit mit der Du als Hochbegabter die Ausbildung absolviert hast, vermutlich sehr gut ausgebildet.
- Ganz zu schweigen von Deinen wertvollen Querverweisen auf all die anderen Bereiche, in denen Du als Vielbegabter „Dich ein bisschen auskennst“.
- „Nicht perfekt“? Tja, wer hochintelligent ist, sieht oft die Perfektion am Horizont ohne sie erreichen zu können, denn wir arbeiten hier in der Realität mit menschlichen Begrenzungen und irdischen Fehlbarkeiten. Das frustriert und bremst aus. (Mehr dazu hier im Beitrag.)
- Du hast ja eigentlich nur den Hauch einer Ahnung? Das Hochstaplersyndrom lässt grüßen. Siehe dort.
- Was Du da machst sei „kein Luxusprodukt“? Vermutlich schon, denn als Hochbegabter wirfst Du Dich in der Regel mit Verve in jedes interessante Thema, und bist ohnehin randvoll mit Wissen und Fähigkeiten, die aussergewöhnlich sind – und was ist Luxus anderes, als aussergewöhnlich Erlesenes? Du, ob als Malerin oder Coach oder Biochemikerin, bist aussergewöhnlich und einzigartig. Und so auch Deine Arbeit. Einzigartig!
Wenn Du Dich als Kind immer falsch gefühlt hast, stets zu hören bekamst, von Familie und Lehrern, Du seist
- nicht angepasst genug,
- nicht langsam genug, nicht schnell genug,
- nicht ruhig genug, nicht mitteilsam genug,
- nicht sportlich genug,
- nicht sprachgewandt genug,
- nicht logisch genug,
- nicht was-auch-immer genug
oder aber
- zu laut, zu leise
- zu schnell, zu lahm,
- zu vorlaut, zu ruhig
- zu altklug, zu blöd
- zu was-auch-immer
dann bleibt Dir im Endeffekt ein Mangel an Selbstwert als Ergebnis dieser Erfahrungen erhalten: die fatale Gewissheit, auf irgendeine Weise falsch und nicht genug zu sein.
Diese tiefsitzende Überzeugung wird Dich so lange daran hindern, angemessene Honorare zu fordern, bis Du Dich diesen alten Geschichten gestellt hast, die falschen Glaubenssätze entlarvt und Dein Selbstbild der Realität angenähert hast.
Die Realität zeigt: Du bist ein aussergewöhnlicher, begabter und um seiner selbst willen wertvoller Mensch!
Viel Erfolg auf Deiner Reise, und hol Dir alle Unterstützung, die Du brauchst. Es ist einfacher, in den Spiegel einer Gruppe oder eines anderen Menschen zu schauen, als das Thema Selbstwert allein im stillen Kämmerlein zu lösen (auch das ist nicht unmöglich, aber sehr viel schwerer).
Herzlichst, wo immer Du gerade bist,
P.S. Wenn Du frei und unverkrampft an Deine Honorargestaltung gehen willst, dann arbeite mit mir darauf hin! Skype-Termin hier.
Liebe Johanna,
oh ja, ein Dauerbrenner-Thema für mich. ;-)
Bei mir hat das allerdigns noch auf einer ganz anderen Ebene angefangen. In den letzten Jahren habe ich haufenweise schlecht bezahlte Nebenjobs gemacht, um mir den Berufseinstieg zu finanzieren. Als dann mein Selbstwert stieg, konnte ich manche Jobs plötzlich nicht mehr machen. Das war sehr spannend, da mir das tatsächlich eine Messlatte für mein gestiegenes Selbstwertgefühl gegeben hat.
Bei der selbstständigen Arbeit fand ich es am Anfang sogar noch schwerer, jedoch bin ich erstaunt, wie schnell sich das auch ändern kann, sobald immer mehr positive Rückmeldungen von Kunden da sind. :-)
Liebe Grüße,
Marie
Ja, Marie,
mit dem Klientenfeedback habe ich das ähnlich erlebt.
Und oft sind es einige wenige Gedanken, die wir einfach mal zuende denken müssen…und dann ist alles anders. Selbst wenn man in alte Muster leicht zurückfällt, man kann einmal gedachte Gedanken nicht mehr ungedacht machen!
;-)
Herzlichst,
Johanna