Im ersten Teil von Weg(e) vom Problem zur Klärung ist die lähmende Ausgangssituation beschrieben: man kreist um ein Problem – hier will ich jetzt detaillierter auf einige Möglichkeiten zur Klärung eingehen, die sich in vielen Fällen als sinnvoll erwiesen haben!
Die hilfreichen Anregungen auf den Punkt gebracht: die Lösung unseres Problems tragen wir in uns, die Kunst ist, diese auch wahrzunehmen…hilfreich sind dabei in der Regel Gedankenfreiheit und ein wohlgesonnenes Gegenüber. Aber es geht um die Entdeckung und Wahrnehmung unseres eigenen Selbst – und dahin gibt es so viele verschiedene Wege wie Reisende!
Ich werde hier einige dieser Wege in 6 grundlegenden Richtungen vorstellen:
- Schriftliche Selbsterforschung, allein oder mit anderen
- Verbale Selbsterforschung mit einem Gegenüber
- Zugang über Bewegung
- Visualisieren Innerer Anteile, allein oder angeleitet
- Zugang über nonverbalen kreativen Ausdruck
- Spielerische Selbstwahrnehmung, allein oder angeleitet
Jede dieser Herangehensweisen kann uns zu Erkenntnissen führen. Es ist besser, etwas bewusst und absichtsvoll zu tun, irgendetwas, als in einer gedanklich und emotional blockierten Situation zu verbleiben. Und wenn es das absichtsvolle Ein- und Ausatmen einer Meditation ist. Auch das ist Tun.
1. Weg zur Klärung: Schriftliche Selbsterforschung, allein oder mit anderen
Eine der machtvollsten Methoden zur Selbsterkenntnis, die ich je kennenlernen durfte, ist das Schreiben. Dass es hier nicht um das Schreiben von Aufsätzen, Werbetexten oder anderen alltäglichen Texten geht, ist selbstverständlich. Es geht um das Schreiben als Weg.
Vom sogenannten „automatischen Schreiben“, dem Auf-Papier-bannen des inneren Monologes, bis zur bewussten Aufarbeitung der eigenen Biografie – die eigenen Worte fließen zu lassen bringt die Gedanken und die Emotionen in Fluss. Sehr zu empfehlen ist das Buch „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron, darin stellt sie unter anderem die Morgenseiten als machtvolles Instrument der Selbstfürsorge vor: jeden Morgen, als erste Handlung, drei großformatige Seiten mit der Hand vollschreiben, ohne andere Absicht, als die Hand in Bewegung zu halten und die Seiten zu füllen. Jeden Morgen.
Andere, gezieltere Herangehensweisen bietet die Poesietherapie, oder Schreibtherapie, die in den letzten Jahren auch in Deutschland immer öfter eingesetzt wird. Man findet dazu problemlos theoretische Literatur, aber vor allen Dingen praktische Kurse bei vielen örtlichen Volkshochschulen oder Bildungswerken. Hier bieten Aufgabenstellungen wie bestimmte Textformen einen Rahmen, der mit den eigenen Worten gefüllt werden kann. Ausgebildete Poesietherapeuten sind geschult im Umgang mit den Emotionen die dabei unter Umständen ans Licht kommen.
2. Weg zur Klärung: Verbale Selbsterforschung mit einem Gegenüber
In Teil 1 hatte ich bereits erwähnt, dass wir als Jugendliche endlose Gespräche mit der besten Freundin führten, wann immer das Leben schwierig wurde… diese elementare Form der Selbstwahrnehmung, nämlich im Spiegel unseres Gesprächspartners, kommt im vollen Alltag eines Berufstätigen oft nicht mehr vor. Dabei könnten viele Steine von Herzen fallen, wenn diese Herzen sich ausschütten dürften. Kaum etwas versichert uns so sehr der Zugehörigkeit, und der geistigen Gesundheit, wie ein tiefes, offenes Gespräch mt einem wohlgesonnenen Gegenüber.
Dass ich so oft vom wohlgesonnenen Gegenüber schreibe, zeigt schon, wie wichtig es ist, sich den Gesprächspartner genau auszusuchen. Wem ich mein Herz ausschütte, der soll auf meiner Seite sein! Er soll mich spiegeln, mir zeigen, wo ich mich selbst belüge, wo ich mich irre, verblendet bin. Aber er soll das auf liebevolle und konstruktive Art tun, weil er mich unterstützt. Sein Herz zu öffnen, seine Probleme einzugestehen ist ein Akt des Vertrauens, ich mache mich verletzlich. Angreifbar. Der Rahmen muss stimmen, das Gegenüber muss sich der Situation bewusst sein. Der beste Freund, die langjährige Vertraute, der Pfarrer, Tante Anne, ein Sozialpädagoge, ein Coach, eine Kollegin, die Mutter… egal mit wem du sprichst, es gilt die Regel: ein dir wohlgesonnenes Gegenüber, das auf deiner Seite steht. Und dann liegt es bei Dir, ob du dich ganz öffnest, und ehrlich über dein Problem sprechen kannst.
3. Weg zur Klärung: Zugang über Bewegung
Viele Menschen erleben irgendwann in ihrer Jugend, wie sehr Tanzen befreien kann. Oder wie wundervoll es sein kann, einfach durch den Wald zu toben, frei und ungehemmt, und dabei alle Arbeit, alle Hausaufgaben und alle anderen Verpflichtungen zu vergessen. Wer das als Erwachsener auch tut, sich in der Natur, oder im Sport, allein oder mit anderen, ganz der Erfahrung des Körperlichen hinzugeben, der kennt das schon: die Gedanken sind nicht mehr so wichtig, sie treten zurück hinter die Notwendigkeit des nächsten Schrittes, des Haltens oder Fangens, des Zielens oder Gleichgewichthaltens. Auch das ist ein Weg zur Klärung. Denn manchmal braucht unser Hirn einfach die Verlagerung der Aktivität auf einen anderen Bereich, um dann neue Wege zu gehen. (Von der gesundheitlichen Notwendigkeit der Bewegung ganz zu schweigen.) Am sinnfälligsten ist dieser Zusammenhang natürlich im Yoga und jeder aktiven Meditationsform. Finde Deine Lieblingsbewegung.
4. Weg zur Klärung: Visualisieren Innerer Anteile, allein oder angeleitet
Viele sprechen von ihrem „Inneren Schweinehund“ oder „Kritiker“, andere können noch viel mehr innere Anteile benennen und beschreiben. Dieses Gedankenmodell verhilft zur Klarheit über die Beweggründe für eigenes Verhalten in bestimmten Situationen. Es kann hilfreich und befreiend zugleich sein, sich auf diese Art und Weise auf die Schliche zu kommen. Hier möchte ich auf den ausführlichen Blogbeitrag Was macht dein Inneres Team? verweisen.
Ein anderer visueller Ansatz ist die Arbeit mit Bildkarten. Dabei werden unterschiedlichste Bilder genutzt, um unter bestimmten Fragestellungen dazu zu Assoziieren, und so neue Blickwinkel auf das Problem wahrzunehmen. Das kann man sowohl für sich, als auch im Zwiegespräch oder in der Gruppe hervorragend einsetzen.
5. Weg zur Klärung: Zugang über nonverbalen kreativen Ausdruck
Der Einsatz von Gestaltung hat sich im therapeutischen Kontext lange bewährt. Doch auch ohne die Anleitung durch einen Kunsttherapeuten kann das Malen, Musizieren, Collagieren, Bildhauern oder Zeichnen genau der Weg sein, um sich aus einer Problemfixierung zu lösen. Wer loslassen kann, die gedankliche Kontrolle durch den inneren Kritiker überhören kann, dem bietet sich hier eine weite Spielwiese.
Es geht nicht um Kunst, es geht um Kreativität. Die erprobte Intentional Creativity® Method kannst Du in meinen Workshops oder auch im Coaching mit mir kennen lernen.
Wenn Farben Formen bilden, oder sich in einem Stein oder Holzstück eine Gestalt zeigt, dann wird im Außen sichtbar, was im Innen da ist. Ohne diesen Menschen, dieses Selbst, was hier zum Pinsel oder zum Messer oder Hammer greift, würde diese Form nicht sichtbar. Mein Blick und mein Sein prägen mein Malen, Töpfern, Musizieren… also kann ich nachher auf das Geschaffene schauen, und darin mich wiederfinden. Mein eigenes Werk zu interpretieren, allein oder mit jemand anderem, ist eine wunderbare Art der Selbsterforschung!
6. Weg zur Klärung: Spielerische Selbstwahrnehmung, allein oder angeleitet
Das ist ein schwammiger Begriff, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Dahinter verbirgt sich jede Form der Selbstwahrnehmung, die mit Leichtigkeit einhergeht. Ob es die spontane Pantomime bei einem Treffen mit Freunden ist, oder die liebevolle Gesangseinlage für den Ehemann am Morgen seines Geburtstages. Ob es der Besuch eines Barfußpfades ist, mit der Familie, den Kollegen oder allein, oder eine Reitstunde.
Alle diese Situationen geben uns die Gelegenheit, uns auszudrücken und diesen Selbstausdruck wahrzunehmen. Jedes Hobby ist ein Ausdruck unseres Inneren. Jede Begegnung mit einem anderen Menschen hält uns den Spiegel vor.
Es kann hilfreich sein, und hier schließt sich ein Kreis zu Punkt 1, sich hinzusetzen und mit dem Stift auf dem Papier den eigenen Beweggründen nachzugehen: Warum mag ich …(Pantomime)? Was gibt mir eine Stunde mit … (meinem Pferd)? Was suche ich … (auf dem Meer beim Segeln)? Warum gehe ich nicht mehr… (zum Chor)?
Jeder Beweggrund, jede Lust an etwas, jede Abneigung zeichnet uns ein deutlicheres Bild von uns selbst. Das ist Selbsterforschung und Selbstwahrnehmung.
Selbsterforschung und Selbstfürsorge gehören zusammen!
Ich spreche hier von gesunden Menschen, die sich mit Problemen konfrontiert sehen. Alle pathologischen Auffälligkeiten gehören in die fähigen Hände eines ausgebildeten Therapeuten! Ich möchte wieder und wieder betonen, dass wir für uns selbst verantwortlich sind, und dazu auch gehört, sich einzugestehen, wenn man Hilfe braucht, und diese zu suchen. Sei achtsam mit Dir selbst, und finde einen Therapeuten, der zu Dir passt!
Wenn Du jedoch zu den gesunden Menschen gehörst, die einfach manchmal denken: „Ich bin doch sonst so clever, wieso kann ich denn dieses alberne Problem nicht allein lösen!?“, so brauchst du vermutlich keinen Therapeuten, sondern ein Gegenüber. Freundin, Bruder, Coach, Kollegin…. traue deiner Intuition, und suche dir einen geeigneten Gesprächspartner, um dein Problem zu reflektieren. Das ist der erste und wichtigste Schritt.
Und wenn Du diesen Weg eine Weile gegangen bist, hältst Du es für möglich, dir dann selbst ein wohlgesonnenes Gegenüber zu sein? Was meinst du? Schreib doch unten Deinen Kommentar dazu! Natürlich sind auch Deine Fragen willkommen!
Herzlichst, wo immer Du gerade bist,
Schöner, kompakter Artikel, vielen Dank! Hilfreich und gut als Spiegel: “ welche Möglichkeiten nutze ich und welche gibt es noch?“ Dein Schulterklopfen war gut, mach es gleich nochmal und nimm meines mit dazu, wenn du möchtest. Danke dir!
Bitte gerne , Saskia! :-)