Hallo? Hört mich jetzt jemand? Irgendwer?! Gibt‘s doch nicht. Schickt mich hier einfach so nach vorne und lässt mich stehen. Da ist niemand. Wozu soll ich denn dann hier reden, wenn mich keiner hört? Das ist doch wieder wie immer. Ich springe ein, wenn keiner will. Ich opfere mich ja gern, als echter Märtyrer. Ich komme immer nur dann zu Wort, wenn eh keiner zuhört. Stehe nur dann auf der Bühne, wenn keiner guckt.
Aber das ist vielleicht auch ganz gut so, ich habe ohnehin nichts zu sagen.
Nix interessantes oder aufregendes zu erzählen, keine originellen Ideen, so jemand bin ich nicht. Ich bin halt immer da, im Hintergrund, und höre zu. Wenn jemandem was fehlt, ein Glas leer ist o. ä., dann kümmere ich mich darum. Wenn irgendwas nicht klappt, dann bin ich zur Stelle, um es in Ordnung zu bringen. Ganz egal ob der Sohn den Zug verpasst hat oder der Vater das Auto in der Werkstatt vergessen, ich kann helfen.
Wenn jemand einspringen muss, dann bin ich da.
Natürlich kann ich Dir Geld leihen, für die zwei Tage, bis das Gehalt auf dem Konto ist. Klar kann ich sofort kommen, mitten in der Nacht, weil Du jemanden zum Reden brauchst. Und selbstverständlich passe ich auf Deinen Hund auf, wenn Du in Urlaub fährst. Natürlich, die Getränke für die Party holen, kein Problem. Alles ist vorbereitet, aber Dir ist gerade aufgefallen, dass ihr keine Gläser habt? Die kann ich doch mitbringen. Das ist kein Ding, aber könntest Du vielleicht… Was? Dein Telefon klingelt? Ja, ist schon gut, kein Problem. Ich krieg das hin.
Ich krieg das immer hin, allein.
Denn wenn ich in Urlaub fahre, dann nehme ich meinen Hund mit, weil ohnehin keiner Zeit hat. Und wenn er stirbt, hole ich mir keinen neuen: ich will ja niemanden ausnutzen, meine Bedürfnisse sind nicht so wichtig. Wenn ich eine Party machen würde, dann wäre alles gut organisiert, ganz bestimmt. Aber vermutlich würde keiner kommen, denn alle hätten was anderes vor. Aber ich könnte für Dich eine Party organisieren…?
Hätte ich einen Sohn würde er nicht den Zug verpassen, denn er könnte sich darauf verlassen, dass ich ihn fahre. Alle können sich auf mich verlassen, immer.
Darauf bin ich auch ziemlich stolz. Ich bin gut darin, mich zu opfern!
Ja, doch, genau so nennt man das: sich opfern. Was auch immer ich eigentlich vorhatte, was auch immer eigentlich meine Pläne waren, ich werfe sie über Bord, um Dir zur Hilfe zu eilen! Meine Pläne sind nie so wichtig wie Deine Pläne. Meine Ruhe, meinen Nachtschlaf, mein Portmonee kann ich opfern für Dich. Ich lebe, um zu dienen. Das ist meine Erfüllung: Deine Erleichterung, wenn alles funktioniert. Dein Seufzen, wenn ich Dich rette. Im Idealfall der vollkommen reibungslose Ablauf Deiner geplanten Vorhaben, dank meiner Hilfe im Hintergrund.
Im besten Fall ist meine Arbeit unsichtbar, aber unverzichtbar.
Wäre ich ein Mensch, dann wäre ich der perfekte Butler oder die perfekte Haushofmeisterin, und würde für mein Verhalten das angemessene Lob und angemessenen Lohn bekommen. Aufopferung als Lebenszweck ist nicht mehr zeitgemäß. Aber sich bewusst in den Dienst eines anderen zu stellen, dafür kann ein Mensch sich entscheiden. Ich bin aber kein Mensch, sondern nur ein einzelner innerer Anteil eines Menschen.
Ich bin Dein innerer Märtyrer.
Wenn Deine gewählte Lebensrolle „Helikoptermutter“ oder „verlässlicher Freund“ ist, dann lässt Du mich sehr oft handeln. Du lebst Deinen Märtyrer aus. Solltest Du aber „Vorstandsvorsitzender“ oder „Talkmasterin“ sein, dann bleibe ich vermutlich im Hintergrund. Und dominiere nur vielleicht, ganz unbeobachtet, einige Deiner persönlichen Beziehungen. So lange, bis Dir der Kragen platzt, weil die Balance nicht mehr stimmt. Weil Du Dich ausgenutzt fühlst, und das ganz zu Recht.
Nur wenn ich offen agieren darf, unter meinem eigenen Namen, funktioniert das.
„Was darf ich für Dich tun?“ könntest Du fragen. Oder Deine gute Freundin darauf hinweisen, dass sie, die immer so viel für Dich getan hat, jetzt das Recht hat sich bedienen zu lassen. Damit es ein Geben und Nehmen ist, ausgewogen und fair.
Manchmal wird es komplizierter, das ist aber nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Dir bewusst ist, wenn Du gerade Deinen inneren Märtyrer auslebst. Und dass Du mit Deinem Gegenüber einen gemeinsamen Weg findest, die Beziehung ausgewogen zu gestalten – was immer das in Eurem konkreten Fall heißen mag.
Du willst gar nicht darüber nachdenken?
Ach, lass mich nur machen. Ich tu das doch gern für Dich!
Herzlichst, wo immer Du gerade bist,
im Auftrag von Johanna,
P.S.: Schau doch auch mal bei meinem Kollegen, dem Inneren Kritiker, vorbei….
Hallo? Hört mich jetzt jemand? Irgendwer?! Gibt‘s doch nicht. Schickt mich hier einfach so nach vorne und lässt mich stehen. Da ist niemand. Wozu soll ich denn dann hier reden, wenn mich keiner hört? Das ist doch wieder wie immer. Ich springe ein, wenn keiner will. Ich opfere mich ja gern, als echter Märtyrer. Ich komme immer nur dann zu Wort, wenn eh keiner zuhört. Stehe nur dann auf der Bühne, wenn keiner guckt.
Aber das ist vielleicht auch ganz gut so, ich habe ohnehin nichts zu sagen.
Nix interessantes oder aufregendes zu erzählen, keine originellen Ideen, so jemand bin ich nicht. Ich bin halt immer da, im Hintergrund, und höre zu. Wenn jemandem was fehlt, ein Glas leer ist o. ä., dann kümmere ich mich darum. Wenn irgendwas nicht klappt, dann bin ich zur Stelle, um es in Ordnung zu bringen. Ganz egal ob der Sohn den Zug verpasst hat oder der Vater das Auto in der Werkstatt vergessen, ich kann helfen.
Wenn jemand einspringen muss, dann bin ich da.
Natürlich kann ich Dir Geld leihen, für die zwei Tage, bis das Gehalt auf dem Konto ist. Klar kann ich sofort kommen, mitten in der Nacht, weil Du jemanden zum Reden brauchst. Und selbstverständlich passe ich auf Deinen Hund auf, wenn Du in Urlaub fährst. Natürlich, die Getränke für die Party holen, kein Problem. Alles ist vorbereitet, aber Dir ist gerade aufgefallen, dass ihr keine Gläser habt? Die kann ich doch mitbringen. Das ist kein Ding, aber könntest Du vielleicht… Was? Dein Telefon klingelt? Ja, ist schon gut, kein Problem. Ich krieg das hin.
Ich krieg das immer hin, allein.
Denn wenn ich in Urlaub fahre, dann nehme ich meinen Hund mit, weil ohnehin keiner Zeit hat. Und wenn er stirbt, hole ich mir keinen neuen: ich will ja niemanden ausnutzen, meine Bedürfnisse sind nicht so wichtig. Wenn ich eine Party machen würde, dann wäre alles gut organisiert, ganz bestimmt. Aber vermutlich würde keiner kommen, denn alle hätten was anderes vor. Aber ich könnte für Dich eine Party organisieren…?
Hätte ich einen Sohn würde er nicht den Zug verpassen, denn er könnte sich darauf verlassen, dass ich ihn fahre. Alle können sich auf mich verlassen, immer.
Darauf bin ich auch ziemlich stolz. Ich bin gut darin, mich zu opfern!
Ja, doch, genau so nennt man das: sich opfern. Was auch immer ich eigentlich vorhatte, was auch immer eigentlich meine Pläne waren, ich werfe sie über Bord, um Dir zur Hilfe zu eilen! Meine Pläne sind nie so wichtig wie Deine Pläne. Meine Ruhe, meinen Nachtschlaf, mein Portmonee kann ich opfern für Dich. Ich lebe, um zu dienen. Das ist meine Erfüllung: Deine Erleichterung, wenn alles funktioniert. Dein Seufzen, wenn ich Dich rette. Im Idealfall der vollkommen reibungslose Ablauf Deiner geplanten Vorhaben, dank meiner Hilfe im Hintergrund.
Im besten Fall ist meine Arbeit unsichtbar, aber unverzichtbar.
Wäre ich ein Mensch, dann wäre ich der perfekte Butler oder die perfekte Haushofmeisterin, und würde für mein Verhalten das angemessene Lob und angemessenen Lohn bekommen. Aufopferung als Lebenszweck ist nicht mehr zeitgemäß. Aber sich bewusst in den Dienst eines anderen zu stellen, dafür kann ein Mensch sich entscheiden. Ich bin aber kein Mensch, sondern nur ein einzelner innerer Anteil eines Menschen.
Ich bin Dein innerer Märtyrer.
Wenn Deine gewählte Lebensrolle „Helikoptermutter“ oder „verlässlicher Freund“ ist, dann lässt Du mich sehr oft handeln. Du lebst Deinen Märtyrer aus. Solltest Du aber „Vorstandsvorsitzender“ oder „Talkmasterin“ sein, dann bleibe ich vermutlich im Hintergrund. Und dominiere nur vielleicht, ganz unbeobachtet, einige Deiner persönlichen Beziehungen. So lange, bis Dir der Kragen platzt, weil die Balance nicht mehr stimmt. Weil Du Dich ausgenutzt fühlst, und das ganz zu Recht.
Nur wenn ich offen agieren darf, unter meinem eigenen Namen, funktioniert das.
„Was darf ich für Dich tun?“ könntest Du fragen. Oder Deine gute Freundin darauf hinweisen, dass sie, die immer so viel für Dich getan hat, jetzt das Recht hat sich bedienen zu lassen. Damit es ein Geben und Nehmen ist, ausgewogen und fair.
Manchmal wird es komplizierter, das ist aber nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Dir bewusst ist, wenn Du gerade Deinen inneren Märtyrer auslebst. Und dass Du mit Deinem Gegenüber einen gemeinsamen Weg findest, die Beziehung ausgewogen zu gestalten – was immer das in Eurem konkreten Fall heißen mag.
Du willst gar nicht darüber nachdenken?
Ach, lass mich nur machen. Ich tu das doch gern für Dich!
Herzlichst, wo immer Du gerade bist,
im Auftrag von Johanna,
P.S.: Schau doch auch mal bei meinem Kollegen, dem Inneren Kritiker, vorbei….