Hochsensibilität bedeutet, dass äußere Eindrücke und Sinnesreize ungefilterter und ungebremster vom Organismus verarbeitet werden. Deshalb sehnen viele Hochbegabte sich nach ruhigeren Orten, ob am Meer oder in den Bergen oder in irgendeiner abgelegenen Landschaft…weit weg vom Stadtlärm und Straßenverkehr. Selbst Menschen, die nicht im Ruch stehen übermäßig sensibel veranlagt zu sein, klagen oft über den Lärm der Städte.
Hier im Rhein Main Gebiet klagt man besonders oft und gern über den Fluglärm.
Viele Menschen sind bereits umgezogen, seit es an ihrem Wohnort zu einer Lärmzunahme durch den Flughafen kam. Nun betrachte ich mich als hochsensibel, und finde die Flugzeuge doch erträglich, hier, wo wir wohnen. Ein Glück! Der letzte Umzug ist noch nicht allzu lange her. Ich höre den Flugverkehr, aber er stört mich selten. Eher stört mich die Autobahn, die in 2-3 km Luftlinie dahinbraust, das hängt von der Windrichtung ab. Musik ist bei mir auch mal laut, und ich halte mich insgesamt nicht für übermäßig geräuschempfindlich.
Aber es gibt doch Geräusche, die mir wirklich wehtun.
Vorgestern im Supermarkt attackierte mich urplötzlich ein hohes lautes Quietschen, durch Mark und Bein gehend, nicht zu verorten im Raum. Nach einiger Zeit hörte es auf, ich war erleichtert. Ob es von den Arbeitern kam, die an einer der Kühltheken werkelten? Nein. Bevor ich mich gedanklich wirklich davon lösen konnte, begann es von neuem. Ähnlich dem gefürchteten Geräusch von Kreide auf Tafel, nur langanhaltend, konstant und höher. Ich hielt mir irritiert die Ohren zu, und sah mich suchend um. Kunden füllten ihre Einkaufswagen, alles ganz normal.
Kein anderer schien das durchdringende Quietschen zu bemerken, das machte mich stutzig.
Aber es kam von außen, war kein Ohrgeräusch. Also rannte ich mit dem Zettel in der Hand schneller durch den großen Laden als sonst, begleitet von diesem abartigen Geräusch, immer wieder von Pausen unterbrochen, die nicht lang genug waren, um mich zu entspannen. Am Joghurtregal stellte sich eine Frau neben mich, die einen Handwagen dabei hatte, und das Geräusch hörte auf. Als sie weiterging, begann es aufs Neue. Ich erkannte in diesem kleinen Handwagen, einem Metallgestell mit Stofftaschen, die Geräuschquelle!
Die Frau selbst ging vollkommen unbeeindruckt durch den Laden, die andern Kunden ebenfalls.
Erst an der Kasse sah ich von jemand anderem einen irritierten Blick zu dem Wagen, den ich so deute, dass er das Quietschen auch gehört hatte. Als die Frau bezahlt hatte, und mit ihrem Handwagen den Supermarkt verließ, verschwand das Geräusch langsam mit ihr in der Ferne. Ich war gleichzeitig unendlich erleichtert, und frustriert über die verpasste Gelegenheit: ich hätte ihr sehr gerne gesagt, man könne das Quietschen vielleicht mit etwas Öl beheben.
Durch das Geräusch war ich aber zu sehr eingeschränkt, um zu reagieren.
So sehr, dass mir der Aufwand zu hoch war, ihr zu erklären was sie offenbar selbst nicht wahrnahm. Mein Fluchtimpuls kämpfte mit meinem Pflichtgefühl: ich musste ja einkaufen. Immer wieder stand ich da, Finger in den Ohren um das Geräusch wenigstens zu dämpfen, und starrte durch meinen Einkaufszettel hindurch. Die akustische Belastung war so hoch, dass wenig Verarbeitungskapazität für anderes blieb. Das habe ich zum Glück bisher selten so erlebt, meistens beim Passieren einer Baustelle, oder dem Kauf von neuen Lautsprechern. Beide Male konnte ich handeln und kannte die Geräuschquelle. Anders als hier.
Zuhause spürte ich erst richtig, wie sehr ich mich körperlich verkrampft hatte, und legte mich mit starken Kopfschmerzen ins Bett.
Der Tag war gelaufen. Zum Glück haben wir das Thema Hochsensibilität hier im Haus präsent, und ich wurde mitfühlend behandelt. Aber als ich da lag, und mit der Sensibilität meiner Ohren haderte, musste ich an all die Menschen denken, die von raubeinigen Gesellen umgeben sind, von Menschen, die solch einen Wagen benutzen und nicht hören, dass er markerschütternd quietscht… an die, die nicht auf Verständnis, sondern auf Unwillen stoßen. Bei denen zu dem Kraftakt des Ertragens noch hinzukommt, dass sie beschämt und gedemütigt werden („Stell dich nicht so an! Sei nicht albern, da quietscht nix! Was du nur immer hast? Du spinnst doch!“). Und ich ertappte mich dabei, wie ich auf die unsensibleren Zeitgenossen wütend wurde. Dann der Gedanke: Wie unsinnig!
Was kann die Frau für ihr Gehör? Genauso wenig wie ich!
Wir alle sind unterschiedlich, und Toleranz heißt auch, die Empfindsamkeit des andern zu akzeptieren, zu berücksichtigen und niemanden aufgrund seiner außergewöhnlich hohen oder außergewöhnlich niedrigen Sensibilität zu verachten.
Fest vorgenommen hab ich mir aber: wenn ich die Frau mit dem Handwagen noch einmal sehe, und der Wagen immer noch quietscht, dann werde ich sie ansprechen und bitten, ihn zu Ölen. Vielleicht ist sie ja sogar sehr nett, und dankbar für den Hinweis.
Herzlich, wo immer du bist,
Hochsensibilität bedeutet, dass äußere Eindrücke und Sinnesreize ungefilterter und ungebremster vom Organismus verarbeitet werden. Deshalb sehnen viele Hochbegabte sich nach ruhigeren Orten, ob am Meer oder in den Bergen oder in irgendeiner abgelegenen Landschaft…weit weg vom Stadtlärm und Straßenverkehr. Selbst Menschen, die nicht im Ruch stehen übermäßig sensibel veranlagt zu sein, klagen oft über den Lärm der Städte.
Hier im Rhein Main Gebiet klagt man besonders oft und gern über den Fluglärm.
Viele Menschen sind bereits umgezogen, seit es an ihrem Wohnort zu einer Lärmzunahme durch den Flughafen kam. Nun betrachte ich mich als hochsensibel, und finde die Flugzeuge doch erträglich, hier, wo wir wohnen. Ein Glück! Der letzte Umzug ist noch nicht allzu lange her. Ich höre den Flugverkehr, aber er stört mich selten. Eher stört mich die Autobahn, die in 2-3 km Luftlinie dahinbraust, das hängt von der Windrichtung ab. Musik ist bei mir auch mal laut, und ich halte mich insgesamt nicht für übermäßig geräuschempfindlich.
Aber es gibt doch Geräusche, die mir wirklich wehtun.
Vorgestern im Supermarkt attackierte mich urplötzlich ein hohes lautes Quietschen, durch Mark und Bein gehend, nicht zu verorten im Raum. Nach einiger Zeit hörte es auf, ich war erleichtert. Ob es von den Arbeitern kam, die an einer der Kühltheken werkelten? Nein. Bevor ich mich gedanklich wirklich davon lösen konnte, begann es von neuem. Ähnlich dem gefürchteten Geräusch von Kreide auf Tafel, nur langanhaltend, konstant und höher. Ich hielt mir irritiert die Ohren zu, und sah mich suchend um. Kunden füllten ihre Einkaufswagen, alles ganz normal.
Kein anderer schien das durchdringende Quietschen zu bemerken, das machte mich stutzig.
Aber es kam von außen, war kein Ohrgeräusch. Also rannte ich mit dem Zettel in der Hand schneller durch den großen Laden als sonst, begleitet von diesem abartigen Geräusch, immer wieder von Pausen unterbrochen, die nicht lang genug waren, um mich zu entspannen. Am Joghurtregal stellte sich eine Frau neben mich, die einen Handwagen dabei hatte, und das Geräusch hörte auf. Als sie weiterging, begann es aufs Neue. Ich erkannte in diesem kleinen Handwagen, einem Metallgestell mit Stofftaschen, die Geräuschquelle!
Die Frau selbst ging vollkommen unbeeindruckt durch den Laden, die andern Kunden ebenfalls.
Erst an der Kasse sah ich von jemand anderem einen irritierten Blick zu dem Wagen, den ich so deute, dass er das Quietschen auch gehört hatte. Als die Frau bezahlt hatte, und mit ihrem Handwagen den Supermarkt verließ, verschwand das Geräusch langsam mit ihr in der Ferne. Ich war gleichzeitig unendlich erleichtert, und frustriert über die verpasste Gelegenheit: ich hätte ihr sehr gerne gesagt, man könne das Quietschen vielleicht mit etwas Öl beheben.
Durch das Geräusch war ich aber zu sehr eingeschränkt, um zu reagieren.
So sehr, dass mir der Aufwand zu hoch war, ihr zu erklären was sie offenbar selbst nicht wahrnahm. Mein Fluchtimpuls kämpfte mit meinem Pflichtgefühl: ich musste ja einkaufen. Immer wieder stand ich da, Finger in den Ohren um das Geräusch wenigstens zu dämpfen, und starrte durch meinen Einkaufszettel hindurch. Die akustische Belastung war so hoch, dass wenig Verarbeitungskapazität für anderes blieb. Das habe ich zum Glück bisher selten so erlebt, meistens beim Passieren einer Baustelle, oder dem Kauf von neuen Lautsprechern. Beide Male konnte ich handeln und kannte die Geräuschquelle. Anders als hier.
Zuhause spürte ich erst richtig, wie sehr ich mich körperlich verkrampft hatte, und legte mich mit starken Kopfschmerzen ins Bett.
Der Tag war gelaufen. Zum Glück haben wir das Thema Hochsensibilität hier im Haus präsent, und ich wurde mitfühlend behandelt. Aber als ich da lag, und mit der Sensibilität meiner Ohren haderte, musste ich an all die Menschen denken, die von raubeinigen Gesellen umgeben sind, von Menschen, die solch einen Wagen benutzen und nicht hören, dass er markerschütternd quietscht… an die, die nicht auf Verständnis, sondern auf Unwillen stoßen. Bei denen zu dem Kraftakt des Ertragens noch hinzukommt, dass sie beschämt und gedemütigt werden („Stell dich nicht so an! Sei nicht albern, da quietscht nix! Was du nur immer hast? Du spinnst doch!“). Und ich ertappte mich dabei, wie ich auf die unsensibleren Zeitgenossen wütend wurde. Dann der Gedanke: Wie unsinnig!
Was kann die Frau für ihr Gehör? Genauso wenig wie ich!
Wir alle sind unterschiedlich, und Toleranz heißt auch, die Empfindsamkeit des andern zu akzeptieren, zu berücksichtigen und niemanden aufgrund seiner außergewöhnlich hohen oder außergewöhnlich niedrigen Sensibilität zu verachten.
Fest vorgenommen hab ich mir aber: wenn ich die Frau mit dem Handwagen noch einmal sehe, und der Wagen immer noch quietscht, dann werde ich sie ansprechen und bitten, ihn zu Ölen. Vielleicht ist sie ja sogar sehr nett, und dankbar für den Hinweis.
Herzlich, wo immer du bist,