oder auch: „Choose your Battles 2″
Heute kämpfe ich mit der Technik meines Blogs bzw. meiner Website… da bleibt wenig Luft/Lust zum Bloggen. Andererseits frage ich mich schon, was zuerst da war: meine Unlust oder das technische Problem? Als typische Vielbegabte habe ich meine Website selbst gemacht und mit Recherche und Tips von einigen Seiten habe ich die Seite normalerweise gut im Griff. Nur bei Updates kann eben mal was schief gehen, wie heute. Dann habe ich -scheinbar- ein drängenderes Problem als das Schreiben, dem ich mich nur zu willig stelle.
Ist doch auch mal nett: sich intensiv in ein neues Thema hinein zu fressen, alles andere beiseite zu schieben und vollkommen im Lösen einer neuen Aufgabe aufgehen.
Nicht an das „echte“ Problem denken zu müssen, weil Du Dir neue Probleme suchst… kennst Du das?
Das ist in etwa so, wie ich das bei einigen mir bekannten AbiturientInnen beobachte: für das Abitur zu lernen bedeutet Stress, es ist eine von den Lehrern noch aufgebauschte Herkulesarbeit. Jeder kann die Lernmüdigkeit nachvollziehen, die sich im Laufe der mehrjährigen Oberstufe einstellt. Sich gut vorzubereiten ist sicher eine Methode, mit diesem Stress umzugehen. Allerdings sehe ich weit häufiger Folgendes:
- AbiturientIn backt aufwändige Kuchen und Torten
- AbiturientIn gibt Nachhilfe
- AbiturientIn engagiert sich in der Flüchtlingshilfe
- AbiturientIn ist für andere und deren Probleme da
- AbiturientIn startet in ein neues Hobby
- AbiturientIn sortiert spontan und unaufgefordert Bücher/alte Kleider/Spielsachen aus
- AbiturientIn liest sich in ein komplexes Thema ein, das nicht auf dem Lehrplan steht
- Verblüfft hat mich dann doch der Hinweis durch die stets fordernden Lehrer, es gäbe ja auch die Möglichkeit bereits während der Abiturvorbereitung schon an der Universität Kurse zu belegen. Dem ist bisher niemand gefolgt, aber die Infoveranstaltung kommt ja erst noch, es bleibt spannend.
Alle diese Handlungen haben etwas gemeinsam: es geht um ein lösbares, überschaubares Problem, das nichts mit dem eigentlichen, überwältigenden, größten Problem „Abitur“ zu tun hat. Zu erleben, daß sie diese selbstgewählten Probleme im Griff haben, gibt den AbiturientInnen die Zuversicht, die sie so bitter nötig haben. Ergebnisse, sei es ein Kuchen, oder die besseren Noten des Nachhilfeschülers, sind gut für das Selbstwertgefühl und die Resilienz. Diese scheinbaren Ablenkungen sind also nicht nutzlos, sondern hilfreich.
Das Erfahren der eigenen Problemlösefähigkeit unterstützt den Menschen angesichts großer Aufgaben.
Wenn Du Dich also schon mal gefragt hast, was Dich in anstrengenden Zeiten dazu bewegt, Dir noch mehr Aufgaben zu suchen, selbst wenn es nur Kleinigkeiten sind, oder Dich selbst dafür insgeheim sogar verflucht hast, dann kannst Du dieses Verhalten jetzt hoffentlich besser akzeptieren. Das zusätzliche Problem ist kein Problem, sondern hat Methode.
Ob der drängende Impuls im Umzug auch noch den Sperrmüll der Eltern zu entsorgen, oder das spontane Ausmisten in den Tagen vor einer wichtigen Entscheidung… es ist keine sinnfreie Übersprungshandlung, sondern die Selbstversicherung Deiner Problemlösefähigkeit. (Auf die Energie, die bei allem Loslassen inneren und äusseren Ballastes frei gesetzt wird, möchte ich gerne ein andermal eingehen.)
Erlebst Du Dich als wirksam, kannst Du Dich gelassener dem wirklichen Problem stellen.
Viele Menschen haben das unbewusst angewandt, wie die AbiturientInnen, haben gebacken und gekocht, gestrickt und gebaut, gelötet und geschraubt. Jede bewältigte Aufgabe stärkt Dich, egal wie klein sie auch sein mag. Unterstützend wird dieses Wissen bewusst beispielsweise auch bei Depressionen eingesetzt, wo dieser unbewusste Impuls nicht vorhanden ist, die Erfahrung des Selbst als aktivem, lebensfähigem Wesen aber umso notwendiger. Meiner Meinung nach ist dieser Mechanismus selbst ein Zeichen für starke Resilienz.
Wenn Du das nächste Mal besorgt bist, etwas nicht bewältigen zu können, dann back doch mal einen Kuchen!
Ob er lecker oder ansehnlich oder beides ist – er ist real. Und Dein Werk. Gut gemacht!
Herzlichst, wo immer Du gerade bist,
P.S.: Verrätst Du uns Deine Lieblingsablenkung?
Hey Johanna,
da hättest Du getrost auch alle Studenten mit ansprechen können!
Eines der häufigsten „Phänomene“ im Zusammenhang mit Prüfungen, Haus- und Abschlussarbeiten sowie gern aufgegriffenes Gesprächsthema an der Uni („was hast Du alles so hinbekommen/erschaffen anstelle von Lernen/Schreiben?“).
Alles liebe,
Nicole
Ach, das ist ja herrlich. So hab ich das ja noch nie gesehen. Ich bin Meisterin im Eröffnen neuer Baustellen. Und die sind also alle für was gut. Uffz! Das erleichtert mich jetzt. Danke, Johanna! :-))
Ja, meine Liebe, wenn Du die Sachen dann auch zuende bringst! Sonst türmst Du einen Haufen vor Dir auf…
;-) Umarmung!